Die Finnland-Sehnsucht packt mich schon wieder, wie jedes Jahr um diese Zeit.
Gut, dass ich schon fix weiß, dass es im Sommer wieder in den Norden gehen wird! Die Coaching-Woche gibt auch anderen Frauen im Aufbruch die Gelegenheit dazu (mehr Infos dazu hier: www.diereiter.at).
Heute, am 30. April, wird in Finnland Vappu gefeiert. Vor ein paar Jahren habe ich dazu einen Text geschrieben - es war die Zeit, als ich von einer Karriere als Reisejournalistin träumte. Hier darf der Text nun endlich die Öffentlichkeit erhalten, für die er geschrieben wurde.
Feier-Gebräuche aus anderen Gegenden der Welt können Anregungen bieten für die nächste eigene Party - viel Spaß beim Lesen und Planen!
Daniela
Vappu – ein Hoch der höheren Bildung
Während der Rest der Welt (oder zumindest weite Teile davon) den Tag der Arbeit begehen, wird in Finnland die höhere Bildung gefeiert.
Von Daniela Reiter
Ende April erwacht Finnland gerade aus dem Winterschlaf und räkelt sich. Wer die dunklen und kalten Monate dort verbracht hat, empfindet das erste zarte Grün an den Bäumen und Sträuchern als beeindruckende Explosion. Für aus südlicheren Gefilden Kommende mutet es eher karg und nackt an. Die Temperaturen sind gerade erst über den Nullpunkt gekrochen, doch das genügt, um das üppigste Fest der Saison zu feiern: Vappu.
Pisa in Finnland
Das Land, das seit der Pisastudie in aller Munde ist, verdient sich diese Aufmerksamkeit. Ist doch die AkademikerInnenrate eine der höchsten und das Land und seine Bevölkerung in höchstem Maße bildungshungrig und studierendenfreundlich. Diese Sympathie kumuliert am 30. April, wenn alle, die jemals maturiert oder ein Studium abgeschlossen haben, ihre weißen Kappen auspacken, um gemeinsam ein ekstatisches Fest zu feiern. Das ist der richtige Zeitpunkt, um Helsinki von einer besonderen Seite kennen zu lernen.
Patchworkprunk
Am späten Nachmittag füllen sich der Park auf der Prunkeinkaufsstraße Esplanade (das muss man sich jetzt im Europavergleich provinziell und beschaulich vorstellen, eher Gmundner Esplanade als Champs Elysee) und die umliegenden Kaffeehäuser mit Menschen aller Altersgruppen. Die meisten tragen ihre weißen Kappen („Ylioppilaslakki“), die aktuell Studierenden außerdem ihre bunten Verbindungsoveralls.
Studierendenverbindungen sind in Finnland anders konnotiert als in Österreich. Je nach Studienrichtung und Herkunftsregion schließen sich die Studentinnen und Studenten zusammen. Jede Studienrichtung hat ihre eigene Farbe für die Overalls („Haalarit“), die im Laufe der Zeit und der Parties (wo sie allemal dem Dresscode entsprechen) mit allerlei Aufnähern und Buttons bestückt werden. Manche tauschen ganze Ärmel oder andere Stücke mit Menschen aus befreundeten Verbindungen, und so werden die Overalls immer bunter und individueller.
Gekrönt mit einer weißen Kappe
Solche Overalls tragen auch die Studierenden, die am Nachmittag des 30. April die Ehrenaufgabe innehaben: Von einem Kran aus wird mit großem Tamtam die nackte Schönheit im Brunnen neben dem Marktplatz, Havis Amanda, gewaschen und bekleidet. Die Menge wird immer dichter, die Frequenz der knallenden Sektkorken höher, bis zum Höhepunkt: Pünktlich um 18h wird Havis Amanda eine weiße Kappe aufgesetzt, worauf tobender Jubel ausbricht. Und dann passiert mit diesem stillen, zurückhaltenden Volk etwas Sonderbares: Mit großem Enthusiasmus und nicht weniger Rührung schütteln alle, ob jung, ob alt, ihre weißen Kappen hoch in der Luft. Ein zauberhafter Moment, dessen Stimmung sich nur unzureichend beschreiben lässt – dazu muss man schon vor Ort sein.
Picknick mit Regen und Eis
Es gibt eigene Vappu-Spezialitäten wie das picksüße Gebäck „Tippaleipä“, das nur zu dieser Zeit verkauft wird, bunte Ballons und Sima (ein vergorenes Getränk, in dem Zitronen und Rosinen enthalten sind) für die Kinder, und für die Erwachsenen Sekt, der hier wirklich nur zu speziellen Anlässen getrunken wird und vor Vappu im Angebot in den staatlichen „Alko-Läden“ erhältlich ist. Oft wird bis zum nächsten Tag weiter gefeiert. Am ersten Mai versammelt sich ganz Helsinki dann zum kollektiven Picknick im großen Kaivopuisto („Felsenpark“), von dem aus die Sicht auf das Meer (und nicht selten auf noch dort schwimmende Eisschollen!) herrlich ist. Den ganzen Tag wird dort in kleineren und größeren Gruppen im Freien gefeiert, egal wie die Witterungsverhältnisse sind. Bei Regen sitzt man eben unter Plastikplanen (die Studierenden) oder Partyzelten (die Alumnae und Alumni). Alle paar Meter hat sich eine Musikgruppe gefunden, und sonst kommt die Beschallung aus einem mitgebrachten Radio oder der Verstärkeranlage des VW-Busses.
Anlässe zum Feiern gibt es genug: Ob der (herannahende) Frühling, die Arbeit (einer der wenigen Tage im Übrigen, wo diese im protestantischen Finnland ruht), die Matura (die jeweils im Mai stattfindet) oder das Studium (begonnen, mittendrin oder abgeschlossen) bleibt letztlich gleich: Hauptsache Party!
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